Wie der Hanfverband kürzlich berichtete, steht es um die Versorgungslage von Cannabispatienten aufgrund von Lieferengpässen gerade nicht zum Besten. Patienten-Rückmeldungen aus den DHV- und SCM (Selbsthilfenetzwerk Cannabis Medizin)-Foren lassen befürchten, dass sich die Versorgungslage innerhalb der nächsten sechs bis acht Wochen kaum verbessern wird. Die Betroffenen berichten übereinstimmend, ihre Apotheke habe von den deutschen Großhändlern für medizinisches Cannabis erfahren, dass diese derzeit kein Cannabis liefern könnten und frühestens Mitte August wieder dazu in der Lage seien. Lediglich Apotheken, die sich vorab einen Cannabis-Vorrat angelegt haben, sind derzeit noch in der Lage, einige niederländische Sorten anzubieten. Die elf in Kanada produzierten Sorten sind mit Ausnahme vereinzelter Restbestände derzeit gar nicht mehr lieferbar.
Wähernd es in den Apotheken kaum noch Cannabis gibt, hat sich die Zahl der Patienten unterdessen vervielfacht. Waren es vor Inkrafttreten des Gesetzes noch ein wenig mehr als 1000, sind seit März alleine bei der Techniker Krankenkasse (TK) und der AOK fast 3200 Anträge zur Kostenübernahme für medizinisches Cannabis eingegangen: Bis zum 7.Juli sind bei der TK genau 863 solcher Anträge bearbeitet worden, von denen 522 genehmigt und 341 abgelehnt wurden. Bei Deutschlands größter Krankenkasse, der AOK, waren bis zum selben Zeitpunkt rund 2300 solche Anträge eingegangen, wobei hier keine Zahlen über die abgelehnten Anträge vorliegen.
Über die hohe Dunkelziffer derer, die bei anderen großen sowie zahlreichen kleinen Versicherungen die Übernahme der Kosten beantragt haben, ist bislang nichts bekannt. Angesichts der Zahl der insgesamt in Deutschland Versicherten liegen die Schätzungen von Experten hier bei einigen Tausend. Auch zu Patienten, die sich nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes ein Cannabis Rezept auf Privatkosten haben ausstellen lassen, ohne dessen Erstattung zu beantragen, gibt es bislang noch gar keine Statistiken. Maximilian Plenert ist Vorstandsmitglied im Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik (akzept e.V.) und berät regelmäßig als Sachverständiger für medizinisches Cannabis im Deutschen Bundestag. Plenert erklärte auf Nachfrage, er schätze auf Grundlage der ihm vorliegenden Zahlen und Rückmeldungen, dass seit Einführung des Gesetzes derzeit etwa 10.000 Patienten auf die ein oder andere Art medizinische Cannabisblüten aus der Apotheke erhalten haben.
Für Deutsche Patienten gibt‘s die Reste
Derzeit sind deutsche Patienten völlig von importiertem Cannabis abhängig. Sie bekommen nur, was im Rahmen des niederländischen und kanadischen Cannabis-Programms nicht benötigt wird, da der Bedarf einheimischer Patienten im Rahmen der nationalen Cannabisanbau-Programme natürlich vorgeht. Die bevorstehende Legalisierung in Kanada wird dieses Problem höchstens noch verschärfen, da man in Kanada für Juli 2018 jetzt schon Engpässe erwartet. Außerdem ist es für kanadische Produzenten weitaus einfacher und unbürokratischer, den heimischen Markt für erwachsene Freizeit-User zu bedienen, anstatt sich mit langwierigen Ex- und Importgenehmigungsprozessen herumzuschlagen. Sollte die Versorgungslage bis 2019 so schlecht bleiben, steigen die Chancen für Cannabis-Patienten, die gerade vor Gericht klagen, um den Anbau ihrer Medizin ohnehin lieber in die eigene Hand zu nehmen.
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