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Newsletter des Deutschen Hanf Verbandes: Jahresrückblick 2010 - Deutscher Hanfverband (DHV)

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Newsletter des Deutschen Hanf Verbandes: Jahresrückblick 2010

Das Jahr 2010 ist zu Ende und der DHV nutzt diesen Anlass für einen kleinen drogenpolitischen Rückblick. Der Jahresrückblick 2009 ist übrigens hier zu finden.

PS: Schon an der Petition “Entkriminalisierung von Cannabiskonsumenten” teilgenommen und allen Freunden Bescheid gesagt? Alle Informationen rund um die Petition findet ihr auf cannabispetition.de. Jetzt online unterzeichnen oder per Unterschriftenliste!


  1. Januar – Polizeipräsident sorgt für Wirbel & Schweizer diskutieren Entkriminalisierung und kontrollierten Verkauf von Cannabis
  2. Februar – 100 Tage Drogenbeauftragte Dyckmans – 100 Tage Stillstand & Lobbyismus
  3. März – Promis für die Legalisierung
  4. April – Cannabis Social Clubs
  5. Mai – Politiker fordern Drogenlegalisierung
  6. Juni – Wenig Aktivitäten in den Parlamenten
  7. Juli – Ein wenig Entkriminalisierung in NRW & Ausländer raus aus holländischen Coffee-Shops
  8. August – Hanfparade rockt Berlin & Bundesregierung kündigt Cannabis als Medizin an
  9. September – Dreckige Drogen überschwemmen weiter Deutschland
  10. Oktober – Entkriminalisierung in Kalifornien & Repressionen in Deutschland
  11. November – Scheitern der Volksabstimmung über Legalisierung in Kalifornien & Evidenz in der Drogenpolitik
  12. Dezember – Ein weiteres Jahr Drogenkrieg

Januar – Polizeipräsident sorgt für Wirbel & Schweizer diskutieren Entkriminalisierung und kontrollierten Verkauf von Cannabis

Polizeipräsidenten Hubert Wimber wirbt für Entkriminalisierung
Polizeipräsidenten Hubert Wimber wirbt für Entkriminalisierung

Der Polizeipräsident von Münster, Hubert Wimber, hat in einem Brief an den Deutschen Hanfverband klar gemacht, dass er die Strafverfolgung von Cannabiskonsumenten für weitgehend unwirksam und wenig sinnvoll hält. Mit seiner Aussage “angesichts der weitgehenden Erfolglosigkeit staatlicher Repression und politischer Unbeweglichkeit eine erneute Initiative aus den Reihen der Polizei und anderer Strafverfolgungsbehörden für eine alternative Drogenpolitik angezeigt ist” und seiner Kritik daran, dass in Nordrhein-Westfalen die Bestimmungen zur Verfolgung von Cannabiskonsumenten durch die Herabsetzung der geringen Menge zum Eigengebrauch von 10 auf 6 Gramm verschärft worden seien, sorge er für fleißig Wirbel – Durch die neue Rot/Grüne Landesregierung bekam er in der zweiten Jahreshälfte recht (Siehe auch: Juli – Ein wenig Entkriminalisierung in NRW ).

    Gleichzeitig warb Wimber für Verständnis dafür, dass die Polizei die derzeitige Gesetzeslage durchzusetzen habe und nicht einfach “bei Konsumenten und Kleindealern beide Augen zudrücken” könne. Frank Richter von der nordrheinwestfälischen Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert eben diese Möglichkeit. Er sagte im Oktober 2010: “Wichtiger als die Verfolgung jedes Gramms Cannabis-Besitzes ist die konsequente Verfolgung der Dealer und Profiteure des Drogenhandels und der Ausbau von Hilfsangeboten für Drogenabhängige.”

    In den USA wurde 2002 eine Organisation von Polizisten, Staatsanwälten, Richtern etc. gegründet, die sich für ein Ende der Drogenprohibition einsetzen: Law Enforcement Against Prohibition (LEAP). Mit ihrem Slogan “Cops say legalize drugs – ask us why” waren sie recht erfolgreich. Mittlerweile hat die Organisation 10.000 Mitglieder.


    2010 wurden in der Schweiz zahlreiche Debatten und auch einige Beschlüsse im Bereich Cannabispolitik getroffen. Den Beginn machten im Januar die parlamentarischen Gesundheitskommissionen des Nationalrats. Sie griffen eine Initiative der Christlichdemokratischen Partei der Schweiz auf und forderten, dass Kiffen nur noch als Ordnungswidrigkeit geahndet werden soll.
    Im August veröffentlichte dann eine von der Berner Regierung beauftragte Expertengruppe das Grundlagenpapier „Herausforderung Sucht“. Laut dem Chef der Eidgenössischen Kommission für Drogenfragen (EKDF) sollte damit zu einem “grundsätzlichen Nachdenken über Drogen und Süchte” angeregt werden. Die Gesellschaft müsse wegkommen vom Gedanken, dass es böse und gute Süchte gebe. Deswegen müsse alles entkriminalisiert werden.
    Die Sicherheitsdirektoren der Kantone Basel-Stadt und Basel-Land haben im November zudem das St. Gallen Modell abgelehnt. Dieses sieht vereinfachte Verfahren vor, bei geringen Mengen wird wie bei einem Strafzettel eine Ordnungsbusse von 50 Franken oder bei Jugendlichen ein Gespräch mit der Suchthilfe fällig. Die Alternative in den beiden Basel ist keinerlei Ordnungsbussen.
    In der Stadt Zürich und dem Kanton Basel-Stadt wurde im Juni auf Antrag der Grünen bzw. im November auf Antrag der Sozialdemokraten (SP) für den Pilotversuch zum kontrollierten Verkauf von Cannabis gestimmt. Es bleibt spannend, was daraus wird.


    Februar – 100 Tage Drogenbeauftragte Dyckmans – 100 Tage Stillstand & Lobbyismus

    Am 19. November 2009 wurde Dyckmans als Nachfolgerin von Sabine Bätzing zur Drogenbeauftragten der Bundesregierung ernannt. Die Bilanz im Februar nach 100 Tagen Drogenbeauftragte Mechthild Dyckmans waren 100 Tage Stillstand & Lobbyismus. Sie ignoriert die Streckmittelproblematik, lässt den Drogen- und Suchtbericht 2010 ausfallen, wundert sich, dass immer neue legale Drogen auf den Markt kommen, ihre Reaktionen auf die Schadensfälle mit chemisch aufgepeppten Kräuterdrogen wie Lava Red und Co besteht nur aus einer Warnung gemeinsam mit dem BKA, die Analysen müssen wie bei Spice wieder andere in Auftrag geben. Beim Thema Cannabis als Medizin ermöglicht sie ausschließlich, was Profite für die Pharmaindustrie bringt. Und sie setzt sich für Kriminalisierung von Drogenkonsumenten in NRW ein. Kurz ihre Bilanz ist wie die Blutgruppe von Montgomery Burns: 00-Negativ.


    März – Promis für die Legalisierung

    Ulrich Wickert tat es, Sir Paul McCartney auch – sich für eine Entkriminalisierung/Legalisierung einsetzen. Im März forderte auch der Musiker Sting: “Let’s end the War on Drugs!”. Er schrieb in einem offenen Brief: “Der War on Drugs ist fehlgeschlagen – aber es ist sogar noch schlimmer als das. Er gefährdet aktiv unsere Gesellschaft. Gewaltverbrechen gedeihen in den Schatten, denen der Drogenhandel überlassen wurde. Leute, die wirklich Hilfe brauchen, bekommen sie nicht. Und auch Leute, die medizinisches Marihuana als Mittel gegen schreckliche Krankheiten brauchen, bekommen es nicht. Wir geben Milliarden aus, um unsere Gefängnisse mit nichtgewalttätigen Straftätern zu füllen und opfern unsere Freiheiten.” Die Gründer von Facebook spendeten im Oktober fleißig für die Abstimmung in Kalifornien und im November schrieb Pamela Anderson einen Brief an Barack Obama, in der sie die Legalisierung aller Drogen vorschlägt.


    April – Cannabis Social Clubs

    Cannabis Social Club
    Cannabis Social Club

    “Let’s Grow Together!” – In einigen Ländern Europas wie Spanien und Belgien entstehen derzeit Cannabis Social Clubs. Die Grundidee eines solchen Clubs ist es, die dort bestehende Entkriminalisierung von z.B. einer Pflanze pro Person für eine Gruppe Cannabiskonsumenten durch gemeinsamen Anbau zusammenzuführen. Die Etablierung dieser Idee ist ein steiniger Weg und stellt ein Vorstoßen in eine juristische Grauzone dar. Der belgische Verein “Trekt Uw Plant” wurde mehrfach von der Polizei verfolgt, dann aber von den Gerichten immer wieder freigesprochen. Im April konnte der Cannabis Social Club dann endlich seine erste Ernte einfahren. Anfang Mai gründete die Organisation “Ibiza Growers” den ersten Cannabis Social Club Ibizas, laut Berichten auf der Mitgliederversammlung des europäischen Dachverbandes ENCOD ist dies einer unter 200 in Spanien.

    Mehr zum Thema: Cannabis Social Clubs – eine Chance für Deutschland?


    Mai – Politiker fordern Drogenlegalisierung

    Die Experten des Schildower Kreises schreiben in ihrem Manifest: “Drogenprohibition: Gescheitert, schädlich und teuer” und verkünden dies inzwischen auch auf Yotube. Damit sind sie nicht allein. So forderten im Mai und damit Mitten im Wahlkampf niederländische Politiker mehrerer Parteien die Legalisierung sämtlicher Drogen. Im September und November gesellten sich dann noch der frühere spanische Ministerpräsident Felipe González, der Ex-Präsident von Mexiko, Vicente Fox und Tom Koenigs, Grüner Promi und Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Menschenrechte dazu. Im letzten Jahr hatte sich der Harward-Professor und Wirtschaftswissenschaftler Jeffrey Miron ebenfalls für eine umfassende Legalisierung ausgesprochen und die ehemaligen Präsidenten César Gaviria (Kolumbien), Ernesto Zedillo (Mexiko) und Fernando Henrique Cardoso (Brasilien) sowie der kalifornische Richter Jim Gray für eine Cannabislegalisierung.


    Juni – Wenig Aktivitäten in den Parlamenten

    Die Zahl der parlamentarischen Initiativen im Bereich Drogenpolitik ist schnell aufgelistet. Im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen das Thema Legalisierung diskutiert wird, ist Drogenpolitik in Deutschland ein Randthema. Die beiden größten Fraktionen im Bundestag, die der CDU und der SPD, haben nicht einmal einen eigenen Sprecher für das Thema. Die zuständige Frau von der FDP meldet sich eigentlich immer nur zu Wort, wenn es um Einschränkungen des Marktes für legale Drogen geht. Einzig bei den Grünen und der LINKEN ist ein Interesse am Thema sichtbar. So stellte die LINKE in Niedersachen eine große Anfrage zu Cannabispolitik und erhielt im April auch endlich eine Antwort. Die LINKE im Bundestag zeigt mit ihrem neuen drogenpolitischen Sprecher Frank Tempel auch Aktivität im Bereich Cannabis als Medizin. Die Grünen stellten im Juni im Bundestag den Antrag “Gesundheitliche Risiken des Drogengebrauchs verringern – Drugchecking ermöglichen” und trieben in einem breiten Bündnis in Berlin das Thema Drugchecking voran.


    Juli – Ein wenig Entkriminalisierung in NRW & Ausländer raus aus holländischen Coffee-Shops

    Die neue Landesregierung aus SPD und Grünen in Nordrhein-Westfalen schrieb in ihren Koalitionsvertrag den harmlosen Satz: “Um die Justiz zu entlasten und Gelegenheitskonsumentinnen und -konsumenten zu entkriminalisieren, werden wir die Eigenbedarfsgrenzen wieder auf den Stand 2007 anheben.” CDU und FDP hatten 2007 die genannte Verordnung verschärft und die “geringe Menge”, bis zu der die Staatsanwaltschaft in der Regel Verfahren gegen Cannabiskonsumenten einstellen soll, von 10 auf 6 Gramm Haschisch und Marihuana herabgesetzt.
    Die Reaktionen waren völlig irreführende Medienberichte. So titelte der Focus bei dem Thema z.B. vollkommen an der Sache vorbei: “NRW – Rot-Grün legalisiert Drogen”, obwohl in diesem Artikel dann von Legalisierung gar keine Rede ist. Die Welt unterstellt NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) gar eine politische Perversion der Werte wie Milde und Großzügigkeit und eine gnadenlose Liberalität (sic!). Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen und die LINKE begrüßten den rot-grünen Schritt zu Entkriminalisierung ausdrücklich, ebenso wie Akzept und Polizeigewerkschaft.
    Die Äußerungen der CDU sind nicht der Rede wert, erschreckend waren allerdings die Äußerungen der FDP-Drogenbeauftragten Dyckmans. Sie sprach sich ausdrücklich für eine Kriminalisierung von Drogenkonsumenten aus. Die FDP steht im drogenpolitischen Alltag sicherlich nicht für einen Impulsgeber in Sachen Legalisierung, aber diese Positionierung Dyckmans´ist ein klarer Rückschritt. Weder Guido Westerwelle als Vorsitzender einer Partei, die sich in der Vergangenheit zu eine Entkriminalisierung von Drogenkonsumenten bekannt hatte, noch die Jungen Liberalen, die klar pro Legalisierung von Cannabis positioniert sind, widersprachen.


    In den Niederlanden stehen die Zeichen derzeit auf Restriktionen. Einzelne Städte und die neue Regierung wollen Nicht-Niederländer aus den Coffee-Shops verbannen und Käufer zu einer Registrierung zwingen. Für viele Coffeeshops in Touristenstädten und in Grenznähe könnten diese Pläne das Ende bedeuten. Mit der Frage, ob die Diskriminierung von Nichtstaatsbürgern zulässig ist, beschäftigte sich auch schon seit einer Weile der europäische Gerichtshof. Die Ausführungen des Generalanwalts Yves Bot im Juli deuteten schon eine kifferunfreundliche Entscheidung an, nun kam es Mitte Dezember zu einem Urteil zugunsten der niederländischen Regierung: Durch das Ziel der Bekämpfung des Drogentourismus sei die Beschränkung des Verkaufs von Cannabis an Staatsbürger zulässig, und da Cannabis illegal sei, greifen die sonst üblichen wirtschaftlichen Verkehrsfreiheiten oder das Diskriminierungsverbot nicht.

    Widerstand gegen die Pläne kommt von der kommunalen Ebene. Städte wie Amsterdam fürchten um ihre Attraktivität für Touristen. Außerdem fürchten die Verantwortlichen in den Städten eine massive Zunahme des Straßenhandels. Der Amsterdamer Bürgermeister Eberhard van der Laan sagte: „Sollten die Coffeeshops für Ausländer gesperrt werden, kriegen wir wieder die Zustände von einst, dann kehren die Dealer auf die Straßen zurück. Die Coffeeshops haben den Gebrauch weicher Drogen beherrschbar gemacht.“


    August – Hanfparade rockt Berlin & Bundesregierung kündigt Cannabis als Medizin an

    Hanfparade 2011 - „40 Jahre sind genug – BtMG ade!“
    Hanfparade 2011 – „40 Jahre sind genug – BtMG ade!“

    Anfang August zogen unter dem Motto “Cannabis ist Weltkultur” 2.000 Menschen vom Alexanderplatz quer durch Berlin bis zum Reichstag. Insgesamt waren 8 Paradewagen und 16 RednerInnen am Start. Auch wenn es diesmal nicht zu den befürchteten massiven Vorkontrollen kam, gab es insgesamt 26 Anzeigen, der größte Teil waren Anzeigen wegen einer “geringen Menge” Cannabis – also im Grunde genommen nur eine Beschäftigungstherapie für die zuständigen Polizisten und Staatsanwälte. Bilder und das Presseecho zur Hanfparade 2010 findet ihr auf der Homepage von Steffen Geyer. Die nächste Hanfparade ist bereits angemeldet. Sie findet am 6. August 2011 statt und steht unter dem Motto „40 Jahre sind genug – BtMG ade!“ – was zu Diskussionen über Substanzismus im drogenpolitischen Diskurs geführt hat.


    Im Dezember 2009 schlug Gesundheitsminister Rösler in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Gesundheitsausschusses vor, den Zugang zu Cannabis als Medizin zu erleichtern. Danach tat sich erst mal lange nichts mehr – erst im August erklärte Ulrike Flach (MdB, FDP) “Die Koalitionsfraktionen haben sich auf eine Änderung des Betäubungsmittelrechts geeinigt. Um cannabishaltige Fertigarzneimittel zulassen und für Patienten verschreiben zu können, erfolgt eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes, die dafür Sorge trägt, dass in Deutschland cannabishaltige Arzneimittel hergestellt und als Therapieoption verschrieben werden können.” Die Presse titelte darauf hin “Haschisch als Medizin: Schwarz-Gelb gibt das Hanf frei”, in Wirklichkeit musste man hier Wahrheit und Dichtung deutlich unterscheiden. Der Sachverständigenausschuss hat nur die kleinstmögliche Änderung vorgeschlagen, die für eine Zulassung des neuen Cannabis-Arzneimittels Sativex nötig ist. Die Arbeitsgemeinschaft “Cannabis als Medizin” (ACM) bezeichnete die Politik der Bundesregierung als Irreführung. Außerdem wurde die Änderung des BTMG bis heute nicht beschlossen!

    Die LINKE im Bundestag fragte im November nach, die Antwort ist alles andere als berauschend: Das Recht auf cannabishaltige Schmerzmittel existiert allenfalls auf dem Papier, der unkomplizierte und kostengünstige Weg des Eigenanbaus bleibt den Patienten verwehrt. Dr. Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der ACM: “Es ist davon auszugehen ist, dass die Bundesregierung an die an der Realität völlig vorbei gehende Antwort der Frage 12 selbst nicht glaubt, sondern dass diese Antwort ideologisch bedingt ist. Die Bundesregierung möchte sich nicht eingestehen, dass im Bereich der Therapie mit Cannabisprodukten in Deutschland eine Zweiklassenmedizin besteht, weil der Großteil der Patienten sich die Medikamente nicht leisten kann, während dies für vermögende Patienten kein Problem darstellt.

    Mehr zum Thema: Das Magazin des Arbeitskreis Cannabis als Medizin


    September – Dreckige Drogen überschwemmen weiter Deutschland

    Mit Brix gestrecktes Marihuana Foto by Hanfburg
    Mit Brix gestrecktes Marihuana Foto by Hanfburg

    Dreckige Drogen überschwemmen weiter Deutschland: Seien es Milzbranderreger in Heroin, Entwurmungsmittel im Kokain, unterschiedlichste Substanzen und Verunreinigungen in “Ecstasy” und massenweise “Research Chemicals” als Ersatz für Cannabis und Partydrogen, sie alle machen den Konsum jeder Droge gefährlicher als notwendig. Bei Cannabis wird primär “Brix” als Streckmittel genannt, hinzu kommen Sand, Haarspray und Zucker als verbreitete Streckmittel. Schimmel, Düngerrückstände sowie Pflanzenschutzmittel runden die Ekelpalette ab. Im September überschritt der DHV-Streckmittelmelder die Marke von 1000 Meldungen, inzwischen – also nur drei Monate später – sind es ca. 1500! Wie eine geographische Analyse zeigte: “Kaum eine Region Deutschlands ist nicht betroffen! Die Berichte aus den Regionen Ruhrpott, Hessen, Mannheim, Stuttgart, Hamburg, Berlin, München und Dresden, dass dort mehrheitlich bis fast ausschließlich gestrecktes Gras angeboten wird, werden durch unsere Analyse weitestgehend bestätigt.”

    Mehr zum Thema: Streckmittel – Arten, Erkennungsmerkmale, Videos und was die Politik dazu sagt


    Oktober – Entkriminalisierung in Kalifornien & Repressionen in Deutschland

    Ende August stimmte die California State Assembly, das kalifornische Unterhaus, für den Gesetzesvorschlag SB 1449 von Senator Mark Leno, der eine weitgehende Entkriminalisierung des Cannabisbesitzes vorsieht. In Kraft trat er allerdings erst am 1. Oktober, als der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger das Gesetz unterzeichnete. Mit dem Beginn des Jahres 2011 wird die Strafe für den Besitz von Marihuana bis zu einer Unze (etwa 28 Gramm) nur noch wie ein Vergehen behandelt, so ähnlich wie zu schnelles Fahren. Für die Praxis bedeutet dies nun, dass zwar die mögliche Strafe von maximal 100 US-Dollar bleibt, aber die polizeilichen Maßnahmen wie Verhaftung, erkennungsdienstliche Behandlung und weiterer bürokratischer Aufwand unterbleiben. Im Jahr 2009 waren dies 61.164 Fälle, in der Zukunft kann sich der hoch verschuldete Staat Kalifornien nun die Ausgaben für Strafverfolgungsbehörden, Staatsanwälte, Gerichte sowie Pflichtverteidiger für derartige Fälle sparen.


    Im Glauben einiger Politiker und Menschen ist Deutschland das Land der entkriminalisierten Kiffer. Die Fälle von Repression und die Urteile, die uns täglich erreichen, sprechen da eine andere Sprache. Das Hanfjournal berichtete am 15.10.2010 von der “Aftershow bei der Polizei“, bei der ein als Konsument “bekannter” Bürger an der Grenze zu Tschechien eine entwürdigende Durchsuchung bis in die Unterhose über sich ergehen lassen musste. In Fulda durfte sich ein Betroffener nach ersten Verdachtsmomenten (“Er zuckt so komisch im Gesicht”) sich ebenfalls bis unter die Unterhose untersuchen lassen.
    Am 26.10. lesen wir dann “Sonderkommando erschießt bei Razzia in Stahnsdorf unbeteiligten Labrador” und in Hessen hat man sich etwas Neues einfallen lassen. Durch eine Änderung des Landesstrafvollzugsgesetzes wird zum 1.11.2010 der Postversand von Lebensmitteln an die 5.200 Insassen der hessischen Gefängnisse verboten. Der Zwangsverzicht der Häftlinge auf Weihnachtskekse der Familie wird lapidar mit dem Willen des Justizministeriums begründet, eine mögliche Einfuhrquelle für Drogen einzudämmen.
    Schluß mit Krimi. Cannabis normal.In Neu-Ulm (Bayern) durchsuchten in einer Oktobernacht 150 Polizisten eine Technodisko. Hierbei wurden laut Zeitungsbericht “alle 145 Gäste körperlich untersucht” – sprich nacheinander in einem Nebenraum gebracht und nackt ausgezogen. Die Bilanz dieser massiven Intervention: Bei 17 Besuchern kleinere Mengen von Betäubungsmitteln und 2 Personen wurden verdächtigt, mit Drogen gehandelt zu haben. Kommentar der Polizei, die sich bewusst gewesen sei, dass sie bei dieser Razzia wohl kaum große Dealer fassen würde, dazu: “Es ging darum, den Leuten aufzuzeigen, dass sie sich keineswegs in einem rechtsfreien Raum bewegen.”
    In Bayern bekommen Helden keine Medaille für Zivilcourage, wenn sie kiffen. Und die Politik baut weiter fleißig Grundrechte ab, der Bundesrat hat einem Gesetzentwurf aus Niedersachsen zugestimmt, der die Abschaffung des Richtervorbehalts bei Blutentnahmen im Straßenverkehr fordert. Mehrere Gerichte hatten zuvor die Praxis, dass Polizisten aufgrund von “Gefahr im Verzug” Blutentnahmen ohne Richter angeordnet hatten, für rechtswidrig erklärt.

    Im Rahmen der Kampagne “Schluss mit Krimi. Cannabis normal. dokumentiert der DHV Fälle staatlicher Verfolgung von Cannabiskonsumenten und Hanffreunden.


    November – Scheitern der Volksabstimmung über Legalisierung in Kalifornien & Evidenz in der Drogenpolitik

    Ende März reichte die kalifornische Initiative «Tax Cannabis 2010» 694.248 Unterschriften für eine Volksabstimmung über eine umfassende Legalisierung von Cannabis ein – 60% mehr als nötig gewesen wären. Der Vorschlag sieht den völlig straffreien Besitz von maximal einer Unze (ca. 28 Gramm) Cannabis sowie den legalen Anbau zur Eigenversorgung auf einer Fläche von 1,5 x 1,5 Metern vor. Die Städte und Kreise dürften Richtlinien erlassen, die den Anbau, Handel und Verkauf von Cannabis regeln. Die Abstimmung lief dann offiziell als “Proposition 19”.
    Im Vorfeld der möglichen Legalisierung stimmte zudem Ende August die California State Assembly bereits für eine weitgehende Entkriminalisierung, siehe Oktober – Entkriminalisierung in Kalifornien. In Kalifornien gab es eine breite Legalisierungsdebatte und einen harten Wahlkampf zwischen den Befürwortern einer Legalisierung und deren Gegnern, die Meinungsumfragen sagten ein Kopf-an-Kopf Rennen voraus. Bierbrauer spendeten fleißig gegen die Legalisierung, Polizisten und Richter äußerten sich in alle Richtungen. Das Bündnis für die Prop 19 umfasste verschiedene Bürgerrechtsorganisationen, die Dienstleistungsgewerkschaft Service Employees International Union California, die größte und machtvollste Gewerkschaft in Kalifornien mit insgesamt 700.000 Mitgliedern sowie Vertreter der Cannabis-als-Medizin-Industrie wie den Unternehmer Richard Lee.
    Zudem gab der Generalstaatsanwalt als Vertreter der US-Bundesregierung bekannt, dass, falls die Wähler Cannabis in Kalifornien legalisieren würden, das bundesstaatliche Verbot von Cannabis energisch durchgesetzt werden würde. Faktisch wird die DEA als Bundesbehörde alleine kaum die Kapazitäten haben, gegen die breite Masse der kiffenden Bevölkerung vorzugehen.
    Am Ende scheiterte die Proposition 19 am 2. November 2010 mit 46% Ja-Stimmen zu 53% Nein-Stimmen knapp. Das Fazit von Ethan Nadelmann, einer der führenden Köpfe der US-amerikanischen Drogenreformbewegung lautet: “Prop. 19 hat den Diskurs rund um die Cannabispolitik beflügelt und legitimiert, wie nichts jemals zuvor […] Dies ist das erste Mal, dass gewählte Politiker, Gewerkschaften und Bürgerrechtsorganisationen zusammen eine Cannabislegalisierungsmaßnahme befürworten. Die Debatte geht nun weniger darum, ob man Cannabis legalisieren sollte, sondern eher um das Wie.


    David Nutt, ehemaliger oberster Drogenberater der britischen Regierung und Professor for Neuropsychopharmakologie am Imperial College in London

    Evidenz (lat. evidentia ‚Augenscheinlichkeit‘) bezeichnet u.a. das argumentative Gewicht von Aussagen, die durch wissenschaftliche Ergebnisse untermauert sind (Wikipedia). Die Drogenpolitik ist allerdings ein weitgehend evidenzfreies Politikfeld. Hier kommen wissenschaftliche Erkenntnisse wenn überhaupt erst sehr verspätet an und sind im Allgemeinen auch eher unbeliebt, denken sie sich doch nur selten mit den Mythen, auf denen die Prohibitionspolitik aufgebaut ist.

    Wie kaum ein anderer durfte Prof. David Nutt, der ehemalige oberste Drogenberater der britischen Regierung, spüren, welche Aversionen die Politik gegen wissenschaftliche Fakten hat. Ende 2009 wurde er für seine kritischen, aber fundierten Aussagen von seinem Amt enthoben. Nutt blieb unbequem. Er gründete mit einigen Kollegen das Independent Scientific Committee on Drugs (ISCD) und sorgte weiter für Wirbel. In einer neuen Studie kamen die Wissenschaftler im November zu dem Schluss: “Alkohol ist die schädlichste Droge, noch vor Crack und Heroin”.

    Die Einstiegsdrogentheorie ist leider weiterhin verbreitet, auch wenn Belege für sie unauffindbar sind. Sei es bei Maria Eichhorn (CSU) (“Besorgniserregend ist auch der mittlerweile wissenschaftlich erbrachte Nachweis, dass Cannabis Einstiegsdroge für den späteren Konsum härterer Drogen ist.”) oder Apotheken-Umschau (“Der Wirkstoff ist gefährliche Einstiegsdroge und Medikament zugleich.”) – sie argumentieren alle im faktenfreien Raum – obgleich selbst drugcom.de, ein Projekt der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), also der offiziellen Präventionsbehörde des Bundesgesundheitsministeriums, verkündet: “Zusammenfassend lässt sich festhalten: Der Weg in den Drogengebrauch und seine mögliche Verhaltensverfestigung ist durch komplexe Ursachen und Verläufe charakterisiert. Dabei ist die Substanz Cannabis nur ein Faktor von vielen und auch angesichts aktueller Studienergebnisse ganz sicher nicht die Einstiegsdroge.”


    Dezember – Ein weiteres Jahr Drogenkrieg

    Ein weiteres Jahr mit zahlreichen Drogenkriegen geht zu Ende. In Mexiko sterben Tausende Menschen, in Afghanistan führt unsere verfehlte Drogenpolitik weiterhin dazu, dass sich Taliban und Warlords bereichern können, in Brasilien führt der Staat den Drogenkrieg in den eigenen Städten und weltweit ist der Krieg gegen Drogen ein Krieg gegen Menschen.



    Kommentare

    Eine Antwort zu „Newsletter des Deutschen Hanf Verbandes: Jahresrückblick 2010“

    1. Anonymous

      RE: Newsletter des Deutschen Hanf Verband: Jahresrückblick 2010
      es wierd endlich zeit zum umdenken anstatt milionen fü+ den sinnlosen kampf gegen einer der nützlichsten heil u.nutzpflanze hanf auszugeben milionen einzunehmen mit der liberalisierung von hanf!!!
      wenn der staat zuviel geld hat dann sollen sie es mir geben lg.
      da gibt es den schildower kreis die mir aus der seele sprechen mit profesoren,aerzten u.fachleuten die sich mit dem thema drogen seit langer zeit auseinandersetzen sollte man auf sie hören bevor das btm-gesetz noch mehr leid und zerstörung über unsere gesellschaft bringt.
      mein leben zerstörte das btmg schon und ich kann nur warnen …. vor diesem gesetz also bei jou tube schildower kreis ankucken und eintreten stimme geben …

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