In der letzten Woche fand in Denver, Colorado die Global Drug Reform Conference statt. Unser Geschäftsführer Georg war dank gezielter Spenden unter anderem einer Großspende von der Firma ROOR dort zu Gast, und konnte sich einen Eindruck von der Stimmung in Colorado und der US Legalisierungsbewegung verschaffen. Er wird euch noch in einem separaten Text über seine Reise berichten.
Hier wollen wir euch zunächst auf den aktuellen Stand bringen, was jenseits des Atlantiks passiert und wie weit die Debatte dort ist. Wer unsere News regelmäßig verfolgt, und auch den letzten Übersichtsartikel von uns zu den Vorgängen in den USA gelesen hat, der weiß, dass sich dort momentan eine wahre Revolution in der Drogenpolitik vollzieht und in den deutschen Medien nur ein Bruchteil davon überhaupt wahrgenommen wird.
Die beiden Bundesstaaten Colorado und Washington haben faktisch Cannabis legalisiert, gegen Ende dieses Jahres sollen die ersten Verkaufslizenzen ausgegeben werden. Der amerikanische Bundesstaatsanwalt Eric Holder gab vor kurzem bekannt, das die Bundesregierung nicht gegen diesbezügliche Regelungen von einzelnen Staaten vorgehen wird. Diese Ankündigung ähnelt der von Barack Obama 2010, als er offiziell erklärte, die medizinische Verwendung von Cannabis in den Bundesstaaten nicht mehr einschränken zu wollen.
Genauso wie damals muss man damit rechnen, dass trotz dieser Ankündigung noch vereinzelte Razzien stattfinden werden. In den letzten Jahren wurden viele Dispensary-Betreiber die sich auf Obamas Worte verlassen hatten, für dieses Vertrauen hart bestraft, sei es durch Ermittlungen der DEA oder der Steuerbehörden. Auch deshalb haben sich einige US-Hanffreunde von Obama abgewendet.
Dennoch war die Aussage von Eric Holder der Startschuss für eine ganze Reihe von Unternehmern, die nun in Colorado und Washington Verkaufslizenzen beantragen. Viel Aufsehen erregte dabei der ehemalige Microsoft Manager James Shively, der mit seiner Cannabismarke “Diego Pellicer” den Markt dominieren möchte wie Starbucks beim Kaffee. In beiden Staaten wird Cannabis auch für Ausländer zu erwerben sein, und so ist damit zu rechnen das dieser Wachstumsmarkt weiterhin Investoren anlockt die das große Geschäft wittern.
In den beiden Landesregierungen wird derzeit noch an Konzepten und Regeln für den neuen Cannabismarkt gefeilt. Klar ist: Der Verkauf wird erst ab 21 legal sein, und Kommunen werden das Recht haben, Cannabis-Verkaufsstellen in ihrer Stadt zu verbieten Es wird also auch innerhalb der Staaten regionale Unterschiede geben. Ab Januar 2014 rechnen Beobachter mit der Eröffnung der ersten Verkaufsstellen.
In Washington führte eine Arbeitsgruppe der Regierung zu viel Aufsehen, weil diese vorschlug, im Zuge der Legalisierung den medizinischen Cannabispatienten ihr Recht auf legalen Eigenanbau von Cannabis wegzunehmen. Der Vorschlag schwebt vorerst weiter im Raum, es gibt noch keine eindeutige Absage seitens der dortigen Landesregierung.
Die Debatte erinnerte viele an die Volksabstimmung zur Legalisierung in Kalifornien 2010, als namhafte Grower und Vertreter aus der medical cannabis industry sich gegen die Legalisierung aussprachen, und lieber den Status Quo beibehalten wollten. Die Volksabstimmung scheiterte knapp, und viele Beobachter verwiesen bei der Suche nach Gründen danach auf diese Uneinigkeit innerhalb des Lagers der Hanffreunde.
In seiner Rede bei der Reform Conference griff der Vorsitzende der Drug Policy Alliance (DPA), Ethan Nadelmann dieses Problem auf und versprach allen derzeitigen Produzenten und Händlern von Cannabis, sich dafür einzusetzen, dass es für sie in Zukunft weiterhin Jobs in der Industrie geben wird. Gleichzeitig stellte er völlig zu Recht fest, dass Washington und Colorado jetzt stärkere und striktere Regularien einführen müssen als es eigentlich nötig wäre. Einfach nur, um die besorgte Öffentlichkeit zu beruhigen und nicht zu verschrecken. Die Menschen dort haben also nicht nur das Glück als erste zu legalisieren, sondern auch das Pech, dabei intensiv beobachtet zu werden.