Das derzeit größte Problem mit dem neuen Gesetz zur medizinischen Verwendung von Cannabis besteht darin, dass es in der Praxis schlecht funktioniert. Den DHV erreichen fast täglich Rückmeldungen von Patienten, die keine Ärzte zur Behandlung mit Cannabis finden und sich oft nicht ernst genommen fühlen. Man werde behandelt, als wolle sie sich schnell was zu kiffen auf Rezept holen, berichtet ein anonymer Patient dem DHV telefonisch von seinem jüngsten Erlebnissen. Fälle wie dieser oder der, über den die Süddeutsche Zeitung berichtet hatte, scheinen eher Regel als die Ausnahme zu sein. Der Wissensstand der Mediziner scheint mit wenigen Ausnahmen lückenhaft zu sein, wenn es um die neu geschaffenen Rahmenlinien und um die Verordnung sowie die Einsatzmöglichkeiten von Cannabis geht.
Deshalb hatte der DHV bei den Landesärztekammern (LÄK) nachgefragt, ob mit Einführung des neuen Gesetzes auch fortbildende Maßnahmen seitens der Landesärztekammern geplant seien. Außerdem wollte der Hanfverband wissen, wie viele Ärzte sich zurzeit bereits fachlich in der Lage seien, Cannabis als Medizin zu verschreiben, ob die Kammern betroffenen Patienten konkrete Arztempfehlung geben können. Nachdem lediglich aus Bayern keine Antwort kam, kritisierte der DHV die Haltung der LÄK-Bayern in einer Pressemitteilung vom 2.6.2017. Nach einem Facebook-Kontakt des Müchner DHV-Ortgruppensprechers Micha Greif zur LÄK-Bayern kamen dann am 6. Juni noch Antworten auf die DHV-Anfrage.
– Ist Ihnen bekannt, wie viele Ärzte in Bayern sich zur Zeit bereits fachlich in der Lage sehen, Cannabis als Medizin zu verschreiben? Falls nicht, was ist Ihre Einschätzung hierzu?
Es gibt keine Meldepflicht für Ärztinnen und Ärzte bezüglich der verordneten Arzneimittel. Deshalb liegen der BLÄK keine Zahlen dazu vor. Eventuell hat hier die Apothekerkammer einen besseren Überblick. Eine weitere Informationsquelle könnten auch die Krankenversicherungen über die Abrechnungen sein.
– Können Sie betroffenen Patienten konkrete Arztempfehlung geben? Falls nicht, wie gehen Sie mit entsprechenden Anfragen der Patienten um? Könnten Sie sich vorstellen, eine Ärzteliste mit Angabe der Fachgebiete für die betroffenen Patienten zu erstellen?
Aus Wettbewerbsgründen darf die BLÄK als Körperschaft des öffentlichen Rechts und Pflichtvertretung für alle bayerischen Ärztinnen und Ärzte keine Arztempfehlungen abgeben. Schmerzpatienten empfehlen wir, sich an die Deutsche Schmerzliga (DSL) oder die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin (DGAI) zu wenden. […].
– Sind Ihrerseits Schulungen für die Ärzteschaft beabsichtigt?
Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Cannabis als Medizin werden auf Anfrage von uns auf die Einhaltung der Bestimmungen nach der Fortbildungsordnung geprüft und im Fortbildungskalender der BLÄK und damit auch auf Bundesebene veröffentlicht. […].
Konnte die Pressestelle der LÄK Bayern 6. Juni noch keine konkreten Veranstaltungen nennen, stehen in Bayern nur eine Woche später gleich sieben Fortbildungsveranstaltungen zur Anwendung und Verschreibung von medizinischen Cannabis auf dem Veranstaltungskalender der bayrischen Landesärztekammer. Zu behaupten, die schnelle Reaktion läge an der freundlichen Nachfrage der DHV-Ortsgruppe, wäre ein wenig vermessen. Aber geschadet haben die Kritik vom DHV und der Einsatz der Münchner Ortsgruppe sicher nicht.
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