Bereits im vergangenen Jahr hat der Münchener Ableger des Deutschen Hanfverbands einen politischen Prozess angestoßen, der Anfang 2019 bundesweit Schlagzeilen machte. Die Rede ist vom angestrebten Cannabis-Modellprojekt zur Versorgung von durch Lieferengpässe geplagten Patienten in der bayrischen Landeshauptstadt. Hier berichtet euch die Ortsgruppe über die Entstehung des Projekts.
“Warum ausgerechnet in München?” war eine der Fragen, die uns ein Journalist stellte. Warum wir uns für ein Modellprojekt mit dem Fokus auf die Versorgung von Patienten konzentrierten, ist schnell erklärt. Wir leben hier und manche von uns leiden hier unter den Lieferengpässen, denn bei uns sind einige Patientinnen und Patienten aktiv, von denen wir persönlich aus erster Hand erfahren, wo der Schuh drückt. Dazu kommen noch viele weitere Anfragen, Berichte und Beschwerden. Das Problem ist freilich ein bundesweites, doch sind wir überzeugt, dass wir auch hier vor Ort etwas dagegen unternehmen können, dass selbst schwer kranke Patientinnen und Patienten nicht die Medizin bekommen können, die Ihnen ärztlich verschrieben wurde.
Bereits 2017 war Handlungsbedarf absehbar
Es hat uns überrascht, dass dieses Problem über Monate hinweg verschwiegen, nicht anerkannt und viel zu wenig dagegen unternommen wurde. Als dann noch im November 2017 der gesundheitspolitische Sprecher der CDU im Bundestag, Erwin Rüddel (MdB) behauptete, dass Uruguay keinen Medizinalhanf nach Deutschland liefern dürfe, weil dort Cannabis als Genussmittel legalisiert wurde, war das für uns ein Alarmsignal. Denn schließlich war zu dem Zeitpunkt absehbar, dass Kanada 2018 ebenfalls legalisiert und die Niederlande Modellprojekte hierzu planen. Somit steht seither die Frage im Raume, ob diese als Lieferanten wegfallen könnten. Heute wissen wir, dass sie weiterhin liefern dürfen und dass die Bundesregierung keine Änderung plant. Letztlich ist hierzu aber der Suchtstoffkontrollrat der Vereinten Nationen (INCB) berechtigt, solche Maßnahmen einzuleiten. Ob und was seitens des INCB hierzu geschieht, bleibt weiterhin offen.
Doch aus der Weltdrogenpolitik zurück nach Deutschland: Auch wenn Kanada und die Niederlande weiter liefern dürfen, reichen die Importe bis heute nicht aus. Aktuell sind sogar nur 3 bis 6 von 32 zugelassenen Medizinalhanfsorten verfügbar. Zwar soll auch im Rahmen einer Ausschreibung der staatlichen Cannabisagentur Medizinalhanf angebaut werden, doch der Zuschlag dazu wurde bis heute nicht erteilt. Die erste Ernte hieraus wird es frühestens im Jahr 2020 geben – vorausgesetzt, das Vergabeverfahren zieht sich nicht noch durch Formfehler und rechtliche Schritte weitere Monate oder Jahre in die Länge.
Unser Sprecher Micha Greif stellte drei konkrete Fragen zur Sache auf Abgeordnetenwatch.de an Herrn Rüddel (MdB), dieser beantwortete die Fragen jedoch nicht. Stattdessen bedankte er sich für die „Anmerkungen“, die er an den Gesundheitsausschuss des Bundestages weitergeben werde.
Im Februar berichtete das BR-Magazin PULS über die Lieferengpässe am Beispiel unseres Mitstreiters Chris. Chris kennt ihr vielleicht schon aus der Berichterstattung zu „Polizei bezahlt Joint“.
Ein Modellprojekt für Patienten
Doch wir wollten mehr tun und so fassten wir den Entschluss, dass wir einen Bürgerantrag samt Onlinepetition für ein kommunales Modellprojekt starten wollen, so wie es unser Sprecher Micha bereits 2014 in Münster startete und zu einem erfolgreichen Stadtratsbeschluss und einer Fachkonferenz führte. So ein Projekt muss stets noch – selbst wenn die Stadt sich dazu entschließt – vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) genehmigt werden. Daher haben wir die bisherigen Ablehnungsgründe geprüft und berücksichtigt, so dass die Genehmigungschancen deutlich gestiegen sind. Im Unterschied zum Münsterschen Antrag geht es diesmal somit nur um Medizinalhanf, welches ausschließlich über die Apotheke und nur an anerkannte Patientinnen und Patienten abgegeben werden soll. Neben den inhaltlichen Verbesserungen in unserem Antrag haben wir nun mit dem Gesetz zu Cannabis als Medizin auch eine deutlich bessere drogen- und gesundheitspolitische Ausgangslage.
Der Kontakt zur Politik
Unsere Petenten Chris Neuroth, Micha Greif, Alex Scheiderer und Philipp Ferrer reichten den Antrag am 03.04.2018 persönlich bei der Stadt ein. Anschließend starteten wir eine inhaltsgleiche Onlinepetition auf Openpetition. und informierten die Medien in der ersten von uns organisierten Pressekonferenz. Wir kontaktierten zudem alle im Stadtrat vertretenen Parteien und Jugendorganisationen für persönliche Gespräche. Hieraus resultierten gute Gespräche mit den Linken, den Grünen, den Jusos, der FDP und den Freien Wählern. Bei den Linken veröffentlichten wir in der Folge einen Artikel von unserem Mitstreiter Musa Saglam und unserem Sprecher Micha Greif in der Zeitschrift „MitLINKS“, die Grünen stellten einen auf unserer Arbeit basierenden Antrag im Stadtrat, die Jusos leisteten Überzeugungsarbeit innerhalb der SPD und die FDP wollte ebenfalls bei der SPD für die Unterstützung eines solchen Modellprojekts werben. Die Freien Wähler luden uns sogar in den Landtag ein. Als Mitglied der Grünen überzeugte Micha sowohl den Grünen Ortsverband München Nord als auch im Anschluss die Stadtversammlung der Grünen mit großer Mehrheit zur innerparteilichen Zustimmung für das Modellprojekt. Als Co-Organisator einer Hanf-Infoveranstaltung der Grünen stellte er zudem den Antrag auch dort persönlich vor. Intern haben wir für die Partei- und Lobbygespräche eine Arbeitsgruppe gegründet, in der neben den vier Petenten auch die weiteren ehrenamtlichen Lobbyarbeitsinteressierten aus unserer Ortsgruppe mitmachen und an den Gesprächen teilnehmen können.
Der Kontakt zur Presse
Wir leisten hierzu auch viel Pressearbeit und die Resonanz hierzu war und ist grundsätzlich sehr positiv. Umso mehr stach ein angeblich investigativer Beitrag der Sendung „Funkstreifzug“ im Bayerischen Rundfunk heraus. Dort wurde uns zwar eine professionelle Pressearbeit bescheinigt, zugleich aber auch behauptet, dass die Lieferengpässe lediglich vom Hanf Magazin u. A. „vorgetäuscht“ wären, also nicht vorhanden seien. Die aktuell mit nur 1,5 von 5 Sternen bewertete Sendung war insgesamt so fehlerhaft und schlecht recherchiert, dass unser Sprecher Micha sich zunächst an die beiden Verfasser und anschließend an den Bayrischen Rundfunk wandte, woraufhin ein Teil der Fehler im entsprechenden Onlineartikel korrigiert wurde.
Für unser Anliegen sowie für die ACM-Petition sammelten wir auch Unterschriften auf unserer GMM-Demo und bei unseren Infoständen auf dem Street Life Festival und und beim Oktoberfest.
Der weitere politische Prozess
Im Juni erhielt unser Sprecher Micha Greif einen persönlichen Gesprächstermin mit unserem Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Micha warb bei dem Termin für mehr Ärzteschulungen zu Cannabis als Medizin und für ein Modellprojekt zum Medizinalhanfanbau, wie wir es in München beantragt haben. Die Stadtverwaltung reagierte mit Schreiben vom 26.09.2018 zunächst ablehnend, bezweifelte in Bezug auf eine Stellungnahme der Bundesregierung ebenfalls die Existenz der Lieferengpässe und empfahl uns „gegebenenfalls“ unsere „Petition zurückzunehmen“. Wir antworten sogleich mit allen Belegen, die wir für die Lieferengpässe finden konnten, dass wir unsere Petition aufrecht erhalten und boten proaktiv an, im Falle von Restzweifeln unsere Patient/innen beim Gang zur Apotheke zu begleiten. Offenbar waren unsere Beweise überzeugend genug, so dass uns der März 2019 als voraussichtlicher Termin für die Behandlung unserer Petition genannt wurde.
Im Dezember vereinbarten wir einen Termin zur Übergabe unserer Unterschriften an Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Bei der Übergabe am 13.01.2019 sprach sich unser OB deutlich für ein solches Modellprojekt aus. Eine Mehrheit im Stadtrat hält er für möglich. Da sich unsere Gesprächspartner aus SPD, Grüne, Linke und FDP dafür ausgesprochen haben, sind die Chancen auf eine Mehrheit im Stadtrat tatsächlich sehr gut. Entsprechend groß war die bundesweite Medienresonanz auf die Statements von Herrn Reiter.
Zusätzlichen Aufwind haben wir zwischenzeitlich auch durch die Meldung bekommen, dass es ausgerechnet hier in München den ersten offiziell genehmigten Medizinalhanfanbau dieses Jahrtausends in Deutschland gab. In einem Bunker, mitten in der Münchener Innenstadt, durch Manfred Sawatzky mit seiner Firma Südhanf.
Die Firma Südhanf gibt es zwar nicht mehr, aber zwischenzeitlich hat sich die Firma Rossner-Consulting gemeldet, welche viele Firmen berät, die sich mit Cannabisanbau beschäftigen. In Memmingen gibt es z.B. die Firma Bunker-PPD die bereits in den Startlöchern für den Cannabisanbau steht. Rossner-Consulting hat sich klar für einen Anbau zur Belieferung der Münchener Apotheken ausgesprochen. Doch bevor es losgehen kann, muss die Stadt ihren Beschluss fassen und anschließend eine Genehmigung vom BfArM erhalten. Wir werden uns weiter auf allen Ebenen dafür einsetzen, dass dieses Modellprojekt bald umgesetzt wird, auf dass zumindest die Patienten hier vor Ort nicht mehr auf ihre Medizin warten müssen. Spätestens wenn wir die Genehmigung des BfArM haben, werden sicherlich andere Städte mit ähnlichen Anträgen folgen. Unsere Texte dürfen hierzu gerne kopiert werden.
Ein Bericht des Hanfverbands München
Kommentare
4 Antworten zu „DHV München: Wie wir in der bayerischen Landeshauptstadt das erste Medizinalhanf-Modellprojekt Deutschlands erreichen wollen“
Modellprojekte in Deutschland
Diese Aktion verlangt also keinen politischen Willen der BfArM oder der Bundesregierung und die Cannabis-Agentur deren Aufgabe darin besteht den Anbau in Deutschland zu verhindern hat ebenfalls nix zu melden.
Bleibt als einziger Ablehnungsgrund eigentlich nur der Verweis auf die Überschneidung der Ziele mit der Cannabis-Agentur und das “Modell-Projekt” dafür nur ein Etikett als ein Inhalt wäre.
Dem könnte man aber entgegnen, dass das münchner Projekt auch als Machbarkeitsstudie für die Cannabis-Agentur herhalten kann. Speziell für die notwendigen Erfordernisse zur Produktion von medizinischen Kriterien erfüllendem Cannabis in der Realität (durch Learning-by-Doing), im gegensatz zu den von der Cannabis-Agentur etablierten bürokratischen Hürden und geforderten Luftschlössern.
Quelle: https://hanfverband-forum.de/viewtopic.php?p=71176#p71176
Modellprojekte in Deutschland
Diese Aktion verlangt also keinen politischen Willen der BfArM oder der Bundesregierung und die Cannabis-Agentur deren Aufgabe darin besteht den Anbau in Deutschland zu verhindern hat ebenfalls nix zu melden.
Bleibt als einziger Ablehnungsgrund eigentlich nur der Verweis auf die Überschneidung der Ziele mit der Cannabis-Agentur und das “Modell-Projekt” dafür nur ein Etikett als ein Inhalt wäre.
Dem könnte man aber entgegnen, dass das münchner Projekt auch als Machbarkeitsstudie für die Cannabis-Agentur herhalten kann. Speziell für die notwendigen Erfordernisse zur Produktion von medizinischen Kriterien erfüllendem Cannabis in der Realität (durch Learning-by-Doing), im gegensatz zu den von der Cannabis-Agentur etablierten bürokratischen Hürden und geforderten Luftschlössern.
Quelle: https://hanfverband-forum.de/viewtopic.php?p=71176#p71176
The art of war and friends.
Die Achse von Zweck, Ziel und Mittel
Clausewitz analysierte die Konflikte seiner Zeit anhand einer Achse aus Zweck, Ziel und Mittel. Jeder Krieg ist nach Clausewitz ein Akt der Gewalt mit dem Zweck, „den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen“.Der „Zweck“ des Krieges, sprich der zu erfüllende Wille, wird dabei von der Politik bestimmt. Das Ziel des Krieges ist somit, zur Erfüllung des Zwecks den Gegner wehrlos zu machen. Dieses Ziel wird von der Strategie verfolgt und kann in verschiedenen Vorgehensweisen bestehen, beispielsweise durch die Ausschaltung gegnerischer Streitkräfte (Vernichtung des Heeres in einer Schlacht, Entziehen der Versorgungsbasis o.a.), jedoch auch durch nichtmilitärische Maßnahmen (z. B. Verlust des Kampfeswillens im Feindland z. B. durch Propaganda; politische Isolation der Kriegstreiber des Gegners durch Unterstützung der ausländischen Opposition). Als Mittel zum Erreichen des gesetzten Zieles dient somit alles, worin der menschliche Verstand ein Hilfsmittel entdeckt, also alle moralischen und physischen Kräfte eines Staates.
Aus dieser Zweck-Ziel-Mittel-Achse ergibt sich auch die Bedeutung des bekanntesten Zitates Clausewitz’:
„Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.“
– Clausewitz: Vom Kriege, Buch I, Kapitel 1, Abschnitt 24
Quelle:Wikipedia.
The art of war and friends.
Die Achse von Zweck, Ziel und Mittel
Clausewitz analysierte die Konflikte seiner Zeit anhand einer Achse aus Zweck, Ziel und Mittel. Jeder Krieg ist nach Clausewitz ein Akt der Gewalt mit dem Zweck, „den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen“.Der „Zweck“ des Krieges, sprich der zu erfüllende Wille, wird dabei von der Politik bestimmt. Das Ziel des Krieges ist somit, zur Erfüllung des Zwecks den Gegner wehrlos zu machen. Dieses Ziel wird von der Strategie verfolgt und kann in verschiedenen Vorgehensweisen bestehen, beispielsweise durch die Ausschaltung gegnerischer Streitkräfte (Vernichtung des Heeres in einer Schlacht, Entziehen der Versorgungsbasis o.a.), jedoch auch durch nichtmilitärische Maßnahmen (z. B. Verlust des Kampfeswillens im Feindland z. B. durch Propaganda; politische Isolation der Kriegstreiber des Gegners durch Unterstützung der ausländischen Opposition). Als Mittel zum Erreichen des gesetzten Zieles dient somit alles, worin der menschliche Verstand ein Hilfsmittel entdeckt, also alle moralischen und physischen Kräfte eines Staates.
Aus dieser Zweck-Ziel-Mittel-Achse ergibt sich auch die Bedeutung des bekanntesten Zitates Clausewitz’:
„Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.“
– Clausewitz: Vom Kriege, Buch I, Kapitel 1, Abschnitt 24
Quelle:Wikipedia.