Im April 2023 gab Gesundheitsminister Lauterbach bekannt, dass in einem ersten Schritt der Besitz einer geringen Menge Cannabis, der private Anbau zur Selbstversorgung und Vereine zum gemeinsamen Anbau legal werden sollen. Ein entsprechender Gesetzentwurf des Gesundheitsministeriums wurde mittlerweile geleakt. Der DHV befürwortet CSCs grundsätzlich, sie finden sich auch in unseren Eckpunkten zur Cannabisregulierung in Deutschland. Im aktuellen Entwurf sehen wir aber so viele Details kritisch, dass sie in der Summe den tatsächlichen Betrieb von CSCs verhindern könnten. Was es mit den CSCs auf sich hat, welche Regeln Lauterbach vorgelegt hat und ob ihr jetzt schon Vereine gründen oder Mitglied werden solltet, erfahrt ihr auf dieser Seite.
Was sind CSCs und wie funktionieren sie?
Cannabis Social Clubs sind Anbaugemeinschaften, deren Ziel es ist, erwachsene Mitglieder mit Cannabis zum Selbstkostenpreis zu versorgen. Cannabis Social Clubs sollten demnach nicht gewinnorientiert arbeiten. Ob und wieweit die Mitglieder in den Anbau von Cannabis eingebunden sind, unterscheidet sich stark. Die Bandbreite reicht hier von kleinen Clubs mit wenigen Mitgliedern, die sich selbstständig um die Aufzucht, Ernte, Trocknung und Verarbeitung des Cannabis kümmern, bis hin zu großen Clubs mit mehreren hundert oder zehntausenden Mitgliedern, die hauptberufliche Gärtner und andere Experten für die Produktion von Cannabis anstellen.
Ob den Mitgliedern des Clubs auch der gemeinsame Konsum vor Ort gestattet ist, unterscheidet sich von Land zu Land
Historie
Zuerst aufgetaucht ist die Idee der Cannabis Social Clubs in Spanien, wo schon um die Jahrtausendwende der private Anbau weniger Hanfpflanzen zur Selbstversorgung geduldet wurde. Dann sind einige Konsumenten auf die Idee gekommen, diesen geduldeten Anbau gemeinsam zu betreiben und ihre Pflanzen zusammenzustellen. Das hatte jahrelange gerichtliche Auseinandersetzungen zur Folge, die die Vereine “Pannagh” und “Ganjazz” letztlich für sich entschieden. Die Organisation ENCOD hat daraufhin einen Leitfaden für nicht kommerzielle Cannabis Social Clubs entwickelt. Seitdem wurden in Spanien hunderte CSCs gegründet, die ihre Mitglieder mit Cannabis versorgen, obwohl es keine konkrete gesetzliche Regelung für die Clubs gibt. Üblicherweise findet dort auch ein soziales Vereinsleben und gemeinsamer Konsum statt.
“Vorbilder” in Spanien, Uruguay und Malta
Cannabis (Social) Clubs existieren bereits in einigen Ländern. Deren legaler Status unterscheidet sich aber erheblich. In Uruguay sind die Clubs klar gesetzlich reguliert und stellen neben der Abgabe in Apotheken und dem privaten Eigenanbau die dritte Säule der legalen Versorgung mit Cannabis dar. Malta hat ebenfalls den gesetzlichen Rahmen geschaffen. Die Anbauvereinigungen sind dort jedoch momentan noch in der Entstehungsphase und kämpfen mit übertriebenen Anforderungen im Detail. Stand Mai 2023 existiert noch kein zugelassener Verein.
In Spanien gibt es zur Zeit die meisten Cannabis Social Clubs. Diese operieren jedoch in einer Grauzone, da es keine klare rechtliche Grundlage gibt. Die Clubs werden zumeist geduldet, jedoch gibt es je nach Provinz vereinzelt immer wieder Razzien. Mangels Cannabis-Fachgeschäften gibt es dort mittlerweile auch Clubs, die dem Anschein nach durchaus Gewinne erwirtschaften, Touristen bedienen und teilweise zehntausende Mitglieder haben.
Neben diesen legalen oder geduldeten Cannabis Clubs existieren auch Vereinigungen, die illegal operieren aufgrund strikter Prohibition. Beispiele hierfür findet man z.B. in Großbritannien.
Welche Vorteile bietet ein Cannabis Social Club?
Ein bedeutender Vorteil der Anbauvereinigungen wäre deren Legalität. Zusammen mit dem Eigenanbau zuhause sind dies die einzigen legalen Bezugsquellen für Cannabis in Säule eins des bisherigen Gesetzentwurfs. Anders als auf dem Schwarzmarkt ist bei Cannabis vom Verein nicht mit Streckmitteln, synthetischen Cannabinoiden etc. zu rechnen.
Im Gegensatz zum Eigenanbau ist man zudem nicht auf eigenes gärtnerisches Geschick sowie das Vorhandensein des entsprechenden Platzes zum Eigenanbau von Cannabis angewiesen. Zudem sollen die Anbauvereine ihre Mitglieder laut Gesetzentwurf zum Selbstkostenpreis (also ohne Gewinnerzielung) versorgen. Wie hoch der Abgabepreis für Cannabis letztendlich ausfällt, hängt stark an den zukünftigen gesetzlichen Vorgaben (Sicherungsvorgaben, Outdooranbau?, usw.) und dem jeweiligen “Produktionsplan” der Anbauvereinigung ab.
Ein weiterer Vorteil des klassischen Cannabis Social Clubs ist zudem das Miteinander der Mitglieder und die daraus resultierenden positiven sozialen Komponenten. Allerdings verbietet der bisherige Gesetzentwurf leider den Konsum in den Räumlichkeiten der Anbauvereinigungen und damit ein geselliges Zusammensein in den Räumlichkeiten des Vereins.
Was steht im Gesetzentwurf des Gesundheitsministeriums zu den Cannabis Social Clubs?
Die als Anbauvereinigungen bezeichneten Cannabis Clubs sollen laut Gesetzentwurf zusammen mit dem privaten Eigenanbau zunächst die legale Versorgung mit Cannabis ermöglichen. Später soll dieses Angebot durch eine befristete wissenschaftliche Abgabe in Modellregionen erweitert werden.
Konsum vor Ort soll nicht erlaubt werden, Lauterbach spricht deshalb ausdrücklich nicht von “Social” Clubs. Einige Beispiele für wichtige Details im Entwurf sind:
- Rechtsform: eingetragener Verein (e.V.)
- Betriebserlaubnis durch Landesbehörden notwendig
- höchstens 500 Mitglieder
- 50 Gramm pro Mitglied pro Monat
- maximale Tagesabgabemenge: 25 Gramm
- Mindestalter für Mitglieder: 18 Jahre
- zwischen 18 und 21 Jahren nur 30 Gramm pro Monat mit THC-Obergrenze
- Wohnsitz: Deutschland, keine Touristen
- Mitgliedschaft nur in einem Anbauverein
- kein Konsum im Verein, in angrenzenden Räumlichkeiten und im Umkreis von 250 Metern
- Festlegung von Abständen der Anbauclubs untereinander und zu Schulen etc. durch die Bundesländer
- Überprüfung der geschäftsführenden Vorstandsmitglieder auf “Zuverlässigkeit”, Ausschluss u.a.: Drogenmissbrauch oder psychische Erkrankungen
Im Entwurf finden sich zudem viele weitere rigide Regularien, die in ihrer Gänze die praktische Umsetzung sehr schwierig gestalten und mit hohem finanziellen Aufwand verbinden würden. Viele dieser Punkte wurden bereits stark vom DHV, weiteren Verbänden, Experten und Politikern aus dem Bundestag kritisiert. Daher ist davon auszugehen, dass der erste Entwurf noch viele Veränderungen im Gesetzgebungsprozess durchlaufen wird. Daher sind Aussagen zu den künftigen Anbauvereinigungen in Deutschland immer mit hoher Unsicherheit verbunden.
Ist es sinnvoll, schon jetzt einem Cannabis Social Club beizutreten bzw einen zu gründen?
Bisher ist noch gar nicht hundertprozentig sicher, dass es wirklich zu Anbauvereinen in Deutschland kommen wird. Es ist jedenfalls im Laufe des Gesetzgebungprozesses mit erheblichem Widerstand von CDU/CSU und vielen weiteren Akteuren zu rechnen.
Ob der CSC, dem ihr jetzt beitretet, jedoch später auch eine Betriebserlaubnis bekommt, steht keinesfalls fest. Auch können die Vereine noch keine seriösen Angaben zu Modalitäten wie späteren Abgabepreisen machen, da der gesetzliche Rahmen und somit die finanziellen Rahmenbedingungen für den Betrieb des Vereins gänzlich unklar sind.
An die geschäftsführenden Vorstände der Anbauvereine werden erhebliche Anforderungen gestellt. Sie sollen staatlich überprüft werden, nicht zu viel Cannabis konsumieren, keine größere Verurteilung wegen Drogenvergehen in den Akten haben etc. Die Strafandrohung bei Überschreiten der Regeln ist nach aktuellem Stand erheblich.
Vor diesem Hintergrund ist es nahe liegend, noch etwas zu warten mit der Vereinsgründung bzw. Mitgliedschaft, bis klarer wird, dass die Detailregeln tatsächlich einen sinnvollen Betrieb eines Anbauclubs überhaupt möglich machen. In Ruhe planen ist im Zweifelsfall sinnvoller als hektisches Agieren.
Wenn ihr aber ein politisches Zeichen setzen wollt und die genannten Unsicherheiten akzeptieren könnt, dann spricht nichts gegen eine Mitgliedschaft oder Vereinsgründung zum jetzigen Zeitpunkt.
In jedem Fall sollte der Gebrauch, die Weitergabe oder der Anbau von Cannabis innerhalb der Vereinsstruktur bis zur endgültigen Verabschiedung des Gesetzes dringend vermieden werden. Eine Ausnahme bildet lediglich der medizinische Konsum. Alles andere könnte strafrechtlich verfolgt werden und dem Club schaden!
Ich will Mitglied in einem CSC werden, wie finde ich einen?
Der CSC Dachverband Deutschland bietet einen Überblick der vorhandenen Vereine.
Wie gründe ich einen CSC und was sollte ich beachten?
Der bisherige Gesetzentwurf sieht vor, dass Anbauvereinigungen die Rechtsform eines eingetragenen Vereins haben sollen. Daher braucht ihr mindestens sieben geschäftsfähige Gründungsmitglieder, die auf einer Gründungsversammlung einen Vorstand wählen und eine Vereinssatzung beschließen. Anschließend müsst ihr euren Verein beim zuständigen Amtsgericht registrieren lassen. Nach Inkrafttreten des Gesetzes braucht der Verein zusätzlich eine Betriebserlaubnis, die an diverse Bedingungen geknüpft ist. Bisher ist noch nicht klar, welche Behörde dafür zuständig sein wird. Wichtiger ist also derzeit eine sorgfältige Planung im Vorfeld. Eine Art Businessplan und Preiskalkulation wäre z.B. sinnvoll oder die Suche nach einem geeigneten Ort für den Verein bzw. den Anbau. Achtung, es gibt noch viele Fallstricke im Gesetzentwurf! Wer es nicht extrem eilig hat, kann ruhig noch etwas warten, wie sich das Vorhaben im Detail entwickelt.
Wann werden die ersten Clubs in Deutschland Menschen mit Cannabis versorgen?
Das ist leider schwer zu beantworten. Gesetzt dem Fall, dass der Gesetzgebungsprozess bis Herbst oder Ende des Jahres abgeschlossen werden kann, so stehen selbst bei vorhandenen geeigneten Immobilien und einem bereits bestehenden Verein immer noch die bürokratischen Verfahren zur Zulassung der Anbauvereinigungen aus. Anschließend müssen die CSCs ihre Produktionsabläufe aufbauen und einen Anbauzyklus samt Weiterverarbeitung durchlaufen, bevor Cannabis an die Mitglieder ausgegeben werden kann. Im schnellsten Fall könnte damit eine Abgabe im Sommer/ Herbst 2024 stattfinden. Realistischerweise dürfte dieses Datum jedoch für die meisten CSCs nicht umsetzbar sein.
Wie wird sich der Deutsche Hanfverband zum Thema CSCs positionieren?
Als euer Lobbyverband ist unsere wichtigste Aufgabe immer noch, die CSCs überhaupt politisch durchzusetzen und das mit vernünftigen, praktikablen Detailregelungen, die den CSCs das Leben nicht unnötig schwer machen.
Sobald sich im Laufe des Jahres abzeichnet, dass die CSCs tatsächlich kommen und wie die Detailregelungen aussehen werden, werden wir einen sehr konkreten Beitrag zur Förderung von CSCs leisten.
Bisher ist es dafür noch etwas zu früh. Derzeit liegt lediglich ein geleakter, also nicht offizieller Gesetzentwurf vor, der mit Sicherheit noch an sehr vielen Stellen geändert werden wird. Das ist auch notwendig, um einen CSC sinnvoll zu betreiben.
Im DHV-Forum haben wir einen Bereich speziell für Diskussionen rund um CSCs angelegt. Dort könnt ihr mit anderen Interessierten die Details der Regulierung, eure Pläne für Anbauclubs, Konzepte und Modelle, Probleme mit den Behörden etc. diskutieren.
